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Hinflug

Ja wahrlich, - ich hatte es mir verdient!

Mitten im Advents-Stress, als ich mich nur noch als abgekämpftes Arbeitstier fühlte, was wohl jeder Florist in dieser Jahreszeit nachempfinden kann, überlegte ich mir, dass es meiner Seele und meiner Motivation nur gut tun könnte, wenn ich etwas hätte, worauf ich mich schon mal so richtig vorfreuen könne.
Kurz entschlossen, damit mir bei längerer Überlegung nicht zu viele Vernunftgründe und Unsicherheiten im Wege stehen würden, ging ich ins nächste Reisebüro, um mir einen beeindruckenden Stapel Prospekte zu holen. Alle hatten nur ein Reiseziel. Das Land, das mich schon im Erdkundeunterricht in der Schule fasziniert hatte: Portugal !
Seit damals träumte ich davon, irgendwann diese einzigartige Felsenküste zu sehen, die man in der Algarve findet.

Ich ging die Kataloge nach dem einfachsten Prinzip durch: Welches Hotel ist das billigste? Schließlich kann man mit einem unbekannten Ziel immer auf die Nase fallen, und dann sollte es doch wenigstens der preiswertere Reinfall sein.
Die Wahl fiel auf das Hotel Claudiana in Quarteira, ein einfaches, relativ kleines Haus mit nur 24 Betten. Und da ich davon ausging, dass erstens der Name für Qualität bürgt und ich zweitens außerdem so ständig an meine liebe Kollegin, die auch Claudia heißt, erinnert würde, konnte das nur die richtige Wahl sein.

Sofort am nächsten Morgen rief ich in dem Reisebüro an und buchte die Chose für den 7.Februar 2001.  Zwei ganze Wochen waren mir von dem Rest meiner Familie zugebilligt worden, nachdem wir festgestellt hatten, dass 14 Tage nur geringfügig mehr kosteten als eine Woche.

Die Reaktionen meiner Mitmenschen auf die Tatsache, dass ich alleine, ohne Mann und Kind wegfahren würde, waren vielfältig. Von Frauen oft ein wenig Neid, aber auch Unverständnis. Die Befürchtung, dass es doch bestimmt langweilig wäre, wurde offen geäußert, - dagegen die Überlegungen, ob denn unsere Ehe noch so in Ordnung sei, waren eher unterschwellig zu mir gedrungen.

Aber an alle Skeptiker: Es ist alles in Ordnung bei uns, - meine beiden Liebsten haben mich selber zum Flughafen gebracht, mir gut zugesprochen und mich auf den Weg geschickt, als mich, kurz vor dem Durchschreiten der Kontrolle, der Mut verlassen wollte.

Der Flug selber war ja gar nicht der größte Angstfaktor, - denn wer es gewohnt ist, tagtäglich auf den Ruhrpott- Highways seinen Wagen durch die Ansammlung der üblichen Formel 1 -Fahrer, die die Autobahn mit dem Nürburgring verwechseln, zu lenken, - wer täglich in der Bronx des Ruhrgebiets arbeitet, der fürchtet in den friedlichen Lüften nicht mehr um sein Leben.....

Meine Ängste bezogen sich mehr auf die sichere Gewissheit, die ich in mir trug, dass ich alleine in einem fernen, fremden Lande, wo kein Mensch mich verstehen würde, auf einem leeren Flughafen meinen Koffer nicht finden könnte, und wenn doch, dann aber ganz bestimmt dort überfallen und ausgeraubt würde, und mich dann einsam und verlassen auf den Weg zu meinem Hotel machen müsste. Denn ganz bestimmt käme mich niemand abholen und fragen kann ich ja keinen, weil sowieso in diesem Lande nur portugiesisch gesprochen würde, was ich ja nicht verstehe.

Gegen diese Visionen kämpfte mein ansonsten latent anwesender Optimismus mit aller Macht an, --- und da hatte er ganz schön was zu tun !

 

Im Flieger hatte ich dann tatsächlich erstmal Glück !  Die Maschine war bei weitem nicht ausgebucht, und ich hatte eine Dreierbank für mich ganz alleine. Das ist bei diesen Plätzen, die für Schmalspur- Franzosen gebaut wurden, und wo sich sehr schlanke Menschen schon beschweren, weil sie sich so eingezwängt fühlen, wirklich eine Wohltat.
Ich selber hätte den Flug sicher nicht halb so genießen können, wenn ich, zweieinhalb Stunden lang meine Reisetasche zu meinen Füßen, und den kleinen Rucksack auf dem Schoß mit angehaltenem Atem in unbeweglicher Position hätte verbringen müssen.
So aber, mit der genügenden Bein- und Armfreiheit, genoss ich die zweieinhalb Stunden mit bester Musik auf den Ohren und der Gewissheit nun in meinen Traumurlaub zu fliegen.

Bis weit über Portugal flogen wir über einer dicken Wolkenschicht, die aus dieser Perspektive, von der Sonne bestrahlt, wie ein kuschelweiches Wattebett aussah.
Erst dann riss die Decke auf und man hatte einen guten Blick auf die wenig besiedelte Landschaft des Alentejo.
Was mir auffiel, waren ganz breite, braune aber scheinbar unbefahrene Straßen, - doch bald merkte ich, dass das die Flüsse waren, die sich durch die Täler ihren Weg suchten. Erst am nächsten Tag hörte ich von der Reiseleiterin, dass seit Wochen hier nur Regenfälle niederkamen, die die braune Erde von den Bergen in das Wasser spülten und die Flüsse dementsprechend dunkel aussehen ließen. Im Norden von Portugal litten die Menschen unter großen Überschwemmungen, da die Wassermengen für die Jahreszeit und die Gegend völlig überraschend und ungewohnt waren.

Wir landeten auf dem Flughafen Faro, verließen das Flugzeug und ..... standen im Regen.

Neeee, ne? Das konnte doch jetzt echt nicht wahr sein !   Jeder zu Hause beneidete mich darum, dass ich in den Süden fliege, -- zum Sonne tanken.... --- und nun sowas !!!!

Erstmal ins trockene Gebäude und nun kam die erste Bewährungsprobe : Wo würde ich meinen Koffer wiederfinden ????
Doch kein Problem !  Er war einer der ersten, die auf dem Laufband erschienen.  Ich schnappte mir das Teil und marschierte Richtung Ausgang.
Und siehe da, dort standen aufgereiht alle Reisegesellschaften, die irgendwelche Urlauber erwarteten. Die Reiseleiterin sprach deutsch, - kein Wunder, sie kam ja aus Dortmund, - und reichte mich sofort an einen netten Portugiesen weiter, dem sie genau gesagt hatte, wo er mich nun hinbringen sollte.
Ich war die einzige Urlauberin für den Ort, so dass ich ganz alleine mit einem sonnengelben Minibus und diesem attraktiven Südländer nach Quarteira fuhr.
All das widersprach völlig meinen Befürchtungen und das Sahnehäubchen auf dieser Situation war noch, dass in der kurzen Zeit, während ich mich im Flughafen aufgehalten hatte, der Regen versiegt war und die Sonne vom Himmel strahlte.
So saß ich, glücklich und sicherlich etwas dämlich wirkend, grinsend in diesem Bus und begrüßte in Gedanken jeden Baum, jeden Strauch und jedes Haus mit fröhlichem “Bom dias !  Da bin ich! Habt ihr lange gewartet ?”
Falls der Fahrer mich beobachtet haben sollte, muss er wohl auch gedacht haben, dass die Deutschen sich doch wirklich immer etwas seltsam verhalten... die einen grölen vom guten alten Rhein und die anderen grienen dümmlich in die Gegend......

Die Dame, die mich im Hotel in Empfang nahm, sprach kein Deutsch, nur ein leidlich verständliches Englisch. Aber irgendwie kamen wir mit den Formalitäten klar und ich erhielt meinen Zimmerschlüssel.
Erste Etage, Zimmer 105.
Zwei Betten, ein Schreibtisch, ein Kleiderschrank.
Badezimmer mit Dusche und ein Balkon !

Der Blick auf einen sauberen blauen Swimmingpool, - nach links : über portugiesische Dächer mit den berühmten kleinen Schornsteinen, - nach rechts : da guckte man nun besser nicht so genau hin. Der Bau neben dem Hotel war wohl gerade mit Umbauarbeiten beschäftigt und dementsprechend sah es dort aus. Aber mir reichte der halbe Rundblick völlig, um mich richtig wie im Urlaub zu fühlen.
Der Koffer war schnell ausgepackt, - alles verstaut - alles eingerichtet.

Urlaub !!! Portugal, ich bin da !!!   Yeah !!!!

Beim Auspacken war mir aufgefallen, dass der Wecker, den ich für eventuelle Frühaufsteh- Anfälle mitgenommen hatte, leider irgendwie nicht der Richtige war. Es war ein Funk- Wecker !   Diese werden ja bekanntermaßen von Frankfurt aus angefunkt und mit den nötigen Informationen versorgt. Allerdings nur in einem Umkreis von ca 700 km. Der arme Wecker war nun völlig abgeschnitten von seinem Heimathafen und lief nun ziellos im gleichen Takt weiter, ließ sich aber nicht per Hand auf die veränderte Zeit umstellen.
Eine Uhr, bei der ich ständig eine Stunde zurückrechnen muss ?? ------  
Und das im Urlaub ???  Unbrauchbar. - Ab in die Schublade.

Ein erster Spaziergang durch den Ort, in dem ich nun die nächsten zwei Wochen verbringen würde, -  durch Quarteira !
Keine Ahnung, in welche Richtung ich mich begeben müsste, um zum Strand zu kommen, also einfach mal drauf los ! Solange es abwärts geht, ist die Chance groß, dass man zum Meer kommt.
Durch kleine Straßen ging es kreuz und quer, und schon zu diesem Zeitpunkt fielen mir die vielen Hunde auf, die hier überall frei herumliefen. In allen Größen und Farben, meistens recht friedlich, aber immer aggressiv, wenn Zweiräder vorbeikamen. Egal ob Fahrrad oder Moped, - alles wurde sofort laut bellend angegriffen. Es schien so, als wären die Tiere alle darauf abgerichtet in Reifen zu beißen.
Das war schon mal ein triftiger Grund, den Gedanken an das Mieten eines Motorrollers ganz schnell wieder beiseite zu schieben. Ich wäre ja an jeder Ecke vor Schreck in den Graben gefahren.... und das verzögert das Weiterkommen ganz enorm.

Auf einem großen Platz fand ich auch sofort den ersten portugiesischen Markt, wo ich die Früchte des Landes bewundern konnte und mir gleich eine Tüte Mandeln kaufte.
Zwischendurch hatte es noch mal ein wenig geregnet, aber jetzt schien schon wieder die Sonne, als ich endlich am Strand angekommen war. Die Wellen peitschten an das Ufer und ich freute mich riesig darüber, das Gesicht in den Wind halten zu können.
Ich lief und lief, -- kam an einen kleinen Bootshafen, der von zwei Kaimauern geschützt war. Auf diesen Mauern konnte ich den kleinen Leuchtturm erreichen. Hier spritzte das Wasser in großen Wellen bis auf den Weg und ich ging vorsichtig so weit es eben ging, ohne von der nächsten Böe eingeweicht zu werden.
Das Brausen klang total laut in meinen Ohren und der Wind zerrte an der Jacke.
Hier wurde mir erst wieder so richtig bewusst, dass ich nun in Portugal bin, dass ich die erste Hürde des Flugs hinter mir hatte, dass ich alles gut überstanden hatte und tatsächlich nun alleine hier stand.
Ich fand mich wahnsinnig mutig und supergut !  Und so stark, dass ich mir fast alles zugetraut hätte. Vielleicht sogar fliegen !
“Ich kann fliegen !” - versuchte ich gegen die Wellen zu rufen.
(Ich war ja ganz alleine dort, da kann man sowas schon mal machen !)
Es klang noch etwas zaghaft, - so, als wenn ich mich eigentlich doch noch nicht so richtig traue.
“Ich kann fliegen !!!” - Schon besser, aber die rechte innere Überzeugung klang da noch nicht so durch.
Aber langsam ! Ich bin ja grad erst hier angekommen.  Mal sehen, was noch so wird.......

 

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