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Mafra

 

Freitag, 16.02.

Für heute hatte ich die längste Fahrt dieses Urlaubs engeplant. Ich wollte Richtung Norden, an Lissabon vorbei bis nach Mafra. Wenn ich vorher geahnt hätte, auf was ich mich da mal wieder einlasse, dann hätte ich es mir vielleicht anders überlegt, --- aber nur vielleicht.

Dieses Ziel hatte natürlich einen besonderen Grund.  Ich hatte mit Beginn dieses Urlaubs angefangen das Buch von José Saramugo "Das Memorial" zu lesen. darin beschreibt er mit einer faszinierend bildlichen Sprache den Bau des Klosters in Mafra im 18ten Jahrhundert.
Dieser Monumentalbau wurde den Mönchen von König Joao V. versprochen, als Dank für die Geburt eines Nachkommen. Er sollte ausreichend Platz bieten für 300 (!) Mönche und es wurden aus dem ganzen Land alle brauchbaren Arbeitskräfte herbeigepresst, um dieses Werk schaffen zu können. (Im Führer des Kloster steht wörtlich: Es eilten aus dem ganzen Land die Arbeiter herbei, um an dem Bau zu helfen !!!!  Welch eine positive Darstellung!!!)
In diesem Buch wird nun die Geschichte des Baus mit dem Leben des einarmigen Arbeiters Baltasar SiebenSonnen und der Seherin Blimunda verwoben.
Je mehr ich davon gelesen hatte, desto größer wurde der Wunsch, mir das Ganze nun auch in Natura anzusehen.

 

Um 10 vor 7 wollte ich losfahren. Ich hatte mich schon ein paar Tage vorher erkundigt, ob ich denn überhaupt zu so nachtschlafener Zeit schon aus dem Hotel herauskäme, und eine nette Dame hatte mir erklärt, dass in der ganzen Nacht jemand da wäre, so dass man das Hotel verlassen könnte.

Als ich nun aber durch den Eingangsraum gehen wollte, war es dort stockfinster, und von einer der Sitzbänke sprang völlig verstört und überrascht ein Portugiese auf, den ich sichtlich aus tiefstem Schlaf aufgeweckt hatte. Sofort machte er Licht, um mir die Eingangstür aufzuschließen. Trotzdem wirkte er peinlich berührt, dass ich ihn da, nächtlich zerzaust, so auf seiner zusammengerollten Jacke, die er als Kopfkissen benutzte, vorgefunden hatte.

 

Ich startete in der aufgehende Sonne zu einer wunderschönen Fahrt Richtung Lissabon.
Ich sah die weiten Gebiete voller Korkeichen, - es ging bergauf und bergab, kilometerweit keine Orte zu entdecken, nur einzelne Häuser, die sich malerisch ins Gesamtbild einfügten. Die reinste Postkartenlandschaft und ich fühlte mich völlig zufrieden mit mir und meinem Dasein !!!

Zwischendurch, als ich eine halbe Stunde unterwegs war, fiel mir auf, dass ich mein Handy im Hotel vergessen hatte. Wie konnte mir das nur passieren ????  Meine Sicherheitsleine zu meinem Herzensgatten, dem Retter in der Not !  Auch wenn er mir auf diese Entfernung sicher aus keinem Graben heraushelfen könnte.

Was nun ??? Umdrehen ????  Das würde mich eine ganze Stunde kosten.  Fahr lieber zurück! Ist sicherer ! ---- Nee, will ich nicht.  ---- Genau! Nutz lieber die Zeit und nabel Dich mal für einen Tag von diesem Ding ab. Wenn wirklich was passiert, wird sich schon noch ein anderes Telefon finden lassen....
Leicht verunsichert, wie abgeschitten vom heimatlichen Hafen, fuhr ich dann trotzdem weiter.

Große Bedenken hatte ich, wie ich durch Lissabon durchkommen würde. Schließlich ist das eine pulsierende Großstadt, aus der ich sicher nie wieder herausfinden würde, wenn ich erstmal aus Versehen hinein geraten wäre. Also war die erste Priorität, bloß auf der Autobahn zu bleiben und keine Ausfahrt zu erwischen.

In Setubal fuhr ich auf die A 12 norte, die mich schon mal um den Stadtkern herumführen würde. Ich wusste vorher gar nicht, dass ich hiermit über diese gigantische, ziemlich neue Hängebrücke auf das Panorama der Lissaboner Skyline zufahren würde.
Im gleissenden Sonnenschein war das ein genialer Anblick!  Als dazu noch genau im passenden Moment Freddy Mercury im Radio seine markante Stimme erschallen ließ, wusste ich, dass das hier wieder ein Augenblick für mein imaginäres Schmuckkästchen war.

Völlig problemlos fand ich das richtige Autobahnkreuz, um auf die A 8 zu kommen. Und nach einigen Kilometern war auch Mafra ausgeschildert.
Die Strecke bis zum Ort war landschaftlich wunderschön, und nach 330 km und viereinhalb Stunden Fahrt war ich endlich angekommen.
Im Ort wieder die unverzichtbaren Kreisverkehre, die in Portugal überall zu finden sind. Leichte Irritationen, wie ich denn nun zum Kloster komme, - und mit einem Mal stehe ich fast davor !   Was für eine Größe !!! Ein Wahnsinnsteil !

Doch bevor ich mich jetzt auf Besichtigungstour machte, wollte ich erstmal etwas essen. Schließlich hatte ich nicht mal gefrühstückt, - nicht mal meinen geliebten Kaffee bekommen, weil ich so früh aus dem Hotel losgefahren bin. Und inwischen war es kurz vor zwölf. Also hinein in eins der kleinen Restaurantes direkt gegenüber.
Die junge Frau, die mich sehr freundlich begrüßte, sprach weder englisch, noch deutsch, noch französisch. Ich gab ihr irgendwie zu verstehen, dass ich gern die Karte sehen würde. Sie zeigte an, dass sie verstanden hatte und bat mich, zu warten.
Nach einer Weile sehe ich sie hinter der Theke eifrig schreiben, dann den Zettel in eine Hülle stecken, die sie mir dann mit stolzem Lächeln brachte.
Genial! Eine Speisekarte, - extra für mich geschrieben ! --- Nutzte mir leider nicht so viel, weil natürlich alles in porutgiesisch geschrieben war, noch dazu in schwer lesbarer Schrift.
Ich bestellte irgendwas, bei dem mir die Hieroglyphen und der Preis gefiel, und war im Endeffekt auch sehr zufrieden damit.
Zwischendurch brachte sie mir noch die halbe Käsetheke an den Tisch, weil sie sonst nicht wusste, wie sie mir die Frage danach verständlich machen könnte.
Dieses zum Thema: Freundlichkeit der Portugiesen !!!

Im Kloster musste ich feststellen, dass ich natürlich nicht alleine durch die Gemäuer streifen könnte, wie ich mir das in meiner Naiviät so gedacht hatte, sondern ich musste bis 14 Uhr dreißig warten, --- dann war wieder eine Führung in englisch, an der ich teilnehmen könne.
Wieder mal große Sprachverwirrung mit den Damen an der Kasse. Sie versuchten englisch zu sprechen, und ich versuchte, es zu verstehen.
Das gipfelte in dem Punkt, als mir eine Dame was von centimes sagte, was ich sichtlich nicht in mein Gehirnlexikon einordnen konnte, und sie dann ganz überzeugt erklärte, - geradezu entrüstet, weil ich sie nicht verstand, - "That is english !"
Erst hinterher wurde mir klar, dass sie sich irgendwie ins Französische verirrt haben musste.

Noch erst ein Besuch in der Basilika, die man auch alleine besichtigen konnte. Als ich kam, wollte der Wächter gerade zur Mittagspause abschließen.
Aber irgendwas veranlasste ihn, mir ein paar Minuten Zeit zu lassen, doch noch einmal durch den imposanten Bau zu gehen.  ---- Ganz alleine war ich dort. Und es war äußerst beeindruckend zwischen den gigantischen Mauern und den riesigen Säulen.

Danach setzte ich mich auf die Stufen und genoss den Sonnenschein, ganz in Gedanken bei Baltasar SiebenSonnen, Blimunda und den vielen zigtausend Menschen, die an diesem Bauwerk mitgearbeitet haben.
In dem Buch ist sehr ausführlich die Rede von einem besonders großen Stein, der dort auf der Empore verarbeitet sein soll.  7 Meter lang, 3 Meter fünfzig breit und 65cm tief, mit einem Gewicht von über einunddreißigtausend Kilogramm. Ein Koloss von Stein. Bei seinem Transport aus der Serra de Sintra hierher, haben Menschen ihr Leben gelassen, nur damit der Ehrgeiz eines Königs befriedigt werden konnte und man heute sagen kann: Seht, dieser Stein ist aus einem Stück !

Schon hier von außen konnte ich die Haupt-Empore ausmachen und den Stein sehen.  Aber konnte das denn sein??? An der 220 Meter langen Fassade wirkte er wie ein Kiesel.
Ich schritt die Länge ab und stellte fest, es waren sieben Meter!
Als ich ihn mir genauer ansah, musste ich feststellen, dass er einen großen Riss hatte, der inzwischen mit Zement gekittet war.
Ach, Baltasar, - da habt ihr euch so abgemüht, habt gelitten und malocht bis zum Umfallen, um diesen Stein heil hierhin zu bekommen, und nun dieser Riss !  Nun ist er doch nicht mehr nur aus einem Stück.

Die Führung wurde von einem englisch sprechenden Portugiesen geleitet. Ein interessanter, junger Typ mit einem creativen Zöpfchen in der Kurzhaarfrisur.

Durch die gute wissenstechnische Vorbereitung des Buches und meine minimalen Englischkenntnisse, - beides miteinander gepaart, - konnte ich den Ausführungen des jungen Mannes recht gut folgen.  Nur an manchen Stellen, wenn die Engländer neben mir mal wieder über eine gute Pointe schmunzelten, bedauerte ich, dass ich früher im Englischunterricht nicht besser aufgepasst hatte.

Doch dass der König seine Frau in den Nord- Erker verfrachtete, als er merkte, dass es im Süderker etwas wärmer war, das habe ich auch verstanden.

Das ganze Schloss demonstrierte den Größenwahn dieses Königs, der hier ein Werk befohlen hatte, das Unsummen verschlungen haben muss.

Am Ende der Führung fragte ich den Führer in meinem mangelhaften Englisch (Der Ausdruck passt!  Die Note hatte ich früher auch immer in Englisch.) ob er denn "Das Memorial" kenne, und natürlich wusste er sofort, dass ich "the stone" sehen wollte. "I show it to you!"
Er erzählte mir, dass die Leute immer wieder danach fragen. Bei fast jeder Führung sei einer dabei, der das Buch gelesen hat. Und immer gehen die Leute daran vorbei und erkennen ihn nicht.
Ich konnte immerhin für mich verbuchen, dass ich ihn schon vorher entdeckt hatte und nur eine Bestätigung wollte.
Ordentlich beeindruckt konnte ich das Gemäuer verlassen und machte mich an die Weiterfahrt.

In meinem Reiseführer hatte ich vom Parque de Montserrate gelesen, 3 km von Sintra entfernt. "Dieser Garten besticht durch seine tropische Üppigkeit und beherbergt in diesem besoderen Klima hier diverse exotische Baumriesen, 25 verschiedene Palmenarten, Kamelien und Baumfarne."
Da wollte ich hin!

Der Weg führte mich durch Sintra, eine Stadt, die mich allein schon beim Durchfahren restlich faszinierte. Ich kam an wunderschönen Schlössern vorbei, an Parks, die schon von außen äußerst interessant wirkten und wäre gerne einen ganzen Tag hier geblieben, um das alles genauer zu sehen.
Doch in diesem Fall war nun meine Zeit begrenzt, und ich hatte mich halt für Montserrate entschieden.
Der Weg zu diesem Ort war ein Abenteuer für sich. Eine kleine Straße, durch üppig grüne Büsche und Bäume schlängelte sich bergauf und bergab.
Ich hoffte auf das Fehlen von Gegenverkehr !

Endlich, nach diversen Schlaglöchern kam ich an den richtigen Parkplatz.

Der Park zog sich an dem Abhang hinunter bis in ein Tal, wo zwischen den erwarteten Palmen und Farnen ein Fluss mit einem beträchtlichen Wasserfall zu sehen war.
Ich fand die sehenswerte Ruine eines alten Hauses, das inzwischen überwachsen war von Moosen und Sträuchern.
Auf einer ca. 2 Meter hohen Mauer dieses alten Bauwerks wuchsen Bäume, die an beiden Seiten ihre Wurzeln bis zum Boden geschickt hatten.
Und wieder mal gingen die Wege bergauf und bergab.... Portugal ist ganz schön anstrengend !

Inzwischen war es 18 Uhr 30 und ich musste an die Heimfahrt denken. So kam ich dann sinnigerweise in der Hauptabendzeit durch Lissabon.
Für die Rückfahrt war es nun vernünftiger auf der IC 19 und dann über die A 2 sule die Stadt wieder zu durchqueren.
Stau ! Fast eine Stunde lang ging es im stop and go- Verfahren weiter.

Ich schickte diverse Stoßgebete nach oben, - Lieber Christopherus, wenn Du bitte grade mal einen Blick auf dieses verstopfte Lissabon lenken köntest, dann achte doch mal auf den hübschen, weißen Clio, der da so ängstlich über die rechte Spur schleicht. Da bin ich drin und ich brauche jetzt unbedingt Hilfe, um bloß nicht auf den falschen Weg zu kommen.
Es klappte auch ganz prima, - nur einmal war Christopherus etwas unaufmerksam (oder war ich das ???) und ich fuhr tatsächlich in eine Ausfahrt, kam auf eine vierspurige Straße, die anscheinend mitten ins Zentrum führen würde.
Aber das konnte ich schnell wieder ausmerzen und auf die Bahn zurück finden.
Die Stadt verlassend grüßte mich zum Abschied das angestrahlte Monumento Christo Rei, von dem ich aber zu dem Zeitpunkt gar nicht wusste, wen es darstellen sollte.
Don Lissabon nannte ich ihn bei mir, oder Dona Lisbetta, - fand ich auch sehr schön, in Gedanken an eine liebe Kollegin, die auch gerne mit offenen Armen auf die Menschen zugeht.

Auf der anderen Seite lag das erleuchtete Lissabonn und spiegelte sich im dunklen Wasser des Rio Tejo.
Die Reiseleiterin hatte empfohlen so viel wie möglich auf den Nationalstraßen zu bleiben, um die teuren Autobahngebühren zu sparen. Das hatte ich auf der Hinfahrt auch so gemacht und die wunderschöne Landschaft hatte mich ja auch reichlich für den Zeit- Mehraufwand belohnt.
Aber nun war es dunkel.... und unangenehm zu fahren auf diesen kurvenreichen Straßen. Da wäre die Autobahn  schon gemütlicher...  Aber das liebe Geld !!! ..... Was das wieder alles kostet !!! ---  Aber wenn ich auf den gefährlichen Seitenstraßen einen Unfall baue, kann es doch unter Umständen viel teurer werden !!!!  Und was mich das an Nerven kostet!!! --- Bis ich mir dann endlich die Autobahn so lange billig geredet hatte, dass ich ohne schlechtes Gewissen der darbenden Familie gegenüber den bequemeren Weg wählen konnte.

Im Endeffekt war dann sowieso nur ein Teil des Weges als Autobahn ausgebaut, und das kostete mich ganze verschwenderische dreizehn Mark !

Um kurz vor 11 war ich wieder im Hotel nach anstrengenden, aber lohnenden 680 Kilometern.

 

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