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Wasserschaden

Ein Pilz -
... und was danach kam....

 

Die Brandschäden waren gerade beseitigt, fast alle Wohnungen im Haus zumindest teilweise renoviert, der Hausflur von allen Rauchschwaden gereinigt und frisch gestrichen, die Verhandlungen mit den Versicherungen abgeschlossen, sogar die Renovierungsabschlussfete war mit allen Mitbewohnern, die gemeinsam in den Brandnächten gelitten hatten, gefeiert und der reine Zustand des Hauses mit Sekt und Bier begossen worden.

Doch damit wollten wir uns scheinbar nicht begnügen, - nein - nun wollten wir auch noch wissen, wie die Versicherungen auf Wasserschäden reagieren.

Erstmal wurden in der obersten Etage vom platzenden Schlauch einer Spülmaschine drei Wohnungen und der Flur geflutet, und während dort noch der Schadensgutachter die völlig durchfeuchtete Wohnung in Augenschein nahm, entdeckten wir am selben Tag in unserem Korridor, ganz versteckt in einer Ecke auf dem Teppich,
einen ca. 5-Mark-Stück großen Pilz. Marke: Barilla Nudel.

Zwei Tage standen wir staunend davor - konnten nicht fassen, und wollten nicht wahrhaben, was dieser Pilz uns sagen wollte. "Hallo Leute ! Prima Klima hier ! Schön feucht und warm !  Wartet noch ein Weilchen, dann könnt Ihr mit meiner Nachkommenschaft ein opulentes Mittagsmahl kochen !"

Erst als wir im Keller darunter feststellten, dass die vom Barilla Pilz so begehrte Feuchtigkeit schon aus der Decke tropfte, wurden wir hektisch tätig.

Der Teppich muss raus !!!  Aber dalli !!!  Pilze in der Wohnung sollen ja nun auch nicht gerade gesundheitsfördernd sein.

Dreieinhalb Meter Bücherwand musste dafür weggeräumt werden. Mal eben in Kisten gepackt und ins Wohnzimmer gestellt. Es ist ja nur für ein paar Tage.... da stört es ja weiter nicht, wenn man die Fenster nur noch über Literatur- Berge steigend erreichen kann, und sich zwei Leute gleichzeitig nur dann im Zimmer aufhalten können, wenn einer auf dem einen freien Platz der Couch sitzt und die Beine unter dem Tisch anzieht.

Wenn ein Teppich entfernt wird, lösen sich zwangsläufig die Fußbodenleisten von den Wänden. In unserem Fall waren das ringsum Holzpaneele und es zeigte sich im ganzen Raum dass das Holz unter den Leisten schwarz, nass und faulig war.

Wie lange lebten wir wohl schon in einem Feuchtbiotop, ohne es zu ahnen ?

Ein Ortungsfachmann rückte an, um die Schadensquelle zu finden.
"Die Erfolgsquote, um die Ursache zu finden liegt bei uns ungefähr bei 99%." fühlte er sich sehr sicher, seinen nächsten Termin, eine Stunde später, wahrnehmen zu können.
Nach zwei Stunden äußerte ich vorsichtig meine Bedenken, dass wir vielleicht doch zu dem einen Prozent gehören könnten ....
Seine häufiger werdenden Kraftausdrücke und das immer stärker werdende Kopfschütteln beruhigte mich auch nicht sehr.

Mit einer Spezialausrüstung, für deren Gegenwert man sich locker einen Mercedes der gehobenen Klasse leisten könnte, fand er nach vier Stunden endlich die Ursache, die dann in 15 Minuten gelötet und somit beseitigt werden konnte.

Es folgte der inzwischen vertraute Anruf bei der Versicherung.
Was haben wir doch in diesem Jahr alles für nette, neue Leute kennengelernt !  Soviel Besuch, der zu Kaffee und Keksen vorbeikam, um nett mit uns zu plaudern, hatten wir vorher nie gehabt.
Es kam wieder der selbe Schadensgutachter, der erst vor ein paar Tagen im Haus war und freute sich, uns wiederzusehen.
Runter mit der Holzpaneele ! war sein Auftrag, und Lufttrockner aufstellen lassen !

Noch am selben Mittag kamen zwei starke Männer, die ruck- zuck alles Holz von den Wänden und die PVC- Fliesen vom Boden rissen.
In Windeseile verbreitete sich ein Geruch in den Räumen, der stark an Blumen erinnerte, -  die seit  Monaten im Wasser vor sich hin faulen.

Die Tapete war schimmelig und feucht. Also auch ab damit ! Nun wirkte der Raum erst richtig wie eine Baustelle. Kahler Betonboden und zerfledderte Wände !

 

Und dann kamen die Maschinen !!!

Und die sollten unser ganzes Leben auf den Kopf stellen.
Sie lehrten uns innerhalb weniger Tage das, was energiebewusste Eltern ihren Sprösslingen jahrelang vergeblich beizubringen versuchen : Mach die Tür zu !!!

Zwei Maschinen, jeweils so groß wie ein kleiner Kühlschrank, auf Rollen, mit handlichen Griffen zur Fortbewegung.

Mitten in der Baustelle standen sie nun , - brummten vor sich hin, in der Lautstärke nicht-schallgedämpfter- Staubsauger, - sogen die Feuchtigkeit aus den Wänden und der Luft, wobei schon nach kürzester Zeit das Gefühl entstand, bei Aufenthalt in diesem Raum trocknet jede Schleimhaut schneller als man mit Mineralwasser nachschütten kann.

Die Dinger verbreiteten eine Wärme wie bullernde Kachelöfen
 - und gingen uns allen fürchterlich auf die Nerven.
Jeden Tag konnten die Wasserbehälter geleert werden. Jeden Tag ca. 15 Liter, die sich angesammelt hatten. Die Wände müssen voll gewesen sein wie nasse Schwämme.

Das Nervenaufreibendste an der ganzen Sache war aber wirklich das ständige Türen-schließen-müssen.
Es kam ja darauf an, dass die Wärme in diesem Raum blieb und die Feuchtigkeit aus diesen Wänden, und eben nicht aus den Topfpflanzen in den Nachbarzimmern herausgesogen wurde.

Nun gehen aber von diesem Korridor die Türen in sämtliche anderen Räume der Wohnung ab. Es war bei uns immer so üblich, dass diese häufig benutzten Türen ständig offen standen. Jetzt aber wurde jeder Gang durch die Wohnung zu einer gut geplanten Expedition. Genaues Überlegen war erforderlich, um nicht öfter als unbedingt nötig durch diesen unangenehmen Raum gehen zu müssen.

Wenn ich nun also von dem äußerst kühlen Laden (12° bis 14° Grad, zwecks ständiger Sparmaßnahmen und "Schneller arbeiten bringt auch warme Finger !") zum Computer muss (Küche, durch die Nähe der Trockner aufgeheizt auf ca. 25°), dann überlege ich sehr wohl, was ich dort ansonsten noch erledigen kann, um diesen Weg nicht doppelt zu gehen.

Also: Luft holen, Korridortür auf und zu, 29° Trockenheit - ausatmen, Küchentür auf und zu, Luft holen !

Sollte ich nun irgendeine Information aus der reichhaltigen Bücherauswahl, die sich immer noch im Wohnzimmer breit machte, benötigen, ging es weiter :
Luft holen, Küchentür auf und zu, 29° Trockenheit - ausatmen, Wohnzimmertür auf und zu, Luft holen ! 

Nun eben nachsehen, was Töchterchen gerade so anstellte ...
Luft holen,  Wohnzimmertür auf und zu, 29° Trockenheit - ausatmen, Kinderzimmertür auf und zu, Luft holen !

Einmal ins Bad, um mit Feuchtigkeitscreme dem Austrocknungsprozess der stündlich alternden Haut entgegenzuwirken :
Luft holen,  Kinderzimmertür auf und zu, 29° Trockenheit - ausatmen, Badezimmertür auf und zu, Luft holen !

Und nix wie raus an die Arbeit, wo es geradezu aufgeräumt und gemütlich war, gegen diese Zustände in der Wohnung :
Luft holen, Badezimmertür auf und zu, 29° Trockenheit - ausatmen, Korridortür auf und zu, Luft holen !

Tagelang übte ich, bis ich endlich den richtigen Schwung drauf hatte, um jede Tür hinter mir ins Schloss zu werfen, ohne mich extra umdrehen zu müssen. Vorsicht allerdings bei der Korridortür ! Glasbruch möglich !  Die Tür zum Schlafzimmer zeigte ebenso ihre Tücken. Durch die Wärme hatte sich der Rahmen dermaßen verzogen, dass sie nur durch besonders festes Zuknallen zu schließen war. Für Außenstehende muss es sich ständig so angehört haben, als ob wir in andauerndem Streit- Zustand leben. (Peng ! Knall ! Tür zu !)

Die trockene Luft griff auch die Schmierstellen an den Scharnieren an. Es dauerte nur ein paar Tage, bis alle angrenzenden Türen zu janken anfingen wie brünstige Katzen.
 

Ab und zu ging ich in die Wohnung im zweiten Stock, um den Trocknungsprozess dort zu begutachten. Da dort eine andere Bodenbeschaffenheit als bei uns war, waren zusätzlich zu den Trocknungsgeräten, wie wir sie auch bei uns beherbergten, eine ganz besondere Maschine aufgebaut.
Größer als die anderen stand sie mitten im Wohnzimmer und brummte vor sich hin. In der ganzen Wohnung waren Löcher in den Boden gebohrt, zu denen lange dicke Schläuche führten.
Wie eine große, blutsaugende Krake pustete sie warme Luft durch die Kanäle in die untere Bodenschicht. Ich hatte das Gefühl, diese Schläuche bohren sich in unser Haus und saugen ihm die Seele aus.
My home is my castle ! Hier war nichts mehr heimelig und gemütlich.

Ganz oben und ganz unten im Haus heizten die Maschinen gründlich alles auf, - fraßen Strom, so dass das zuständige Elektrizitätswerk ins rotieren kam, - und die Wohnung in der Mitte vibrierte des Nachts unter der Krake.

Wir haben viel gelernt in dieser Zeit,
- über die vielfältigen Möglichkeiten der Wasserschadensortung,
über Bodenzusammensetzungen, über verschiedene Trocknungsvorgänge,
über Zuständigkeiten von Versicherungen und ----
über die positiv anregende Wirkung des gebetsmühlenartig wiederholten Spruches:
Alles wird gut !!!